„Willkommen auf Averdunk Island“! Das Containertagebuch.
Tagebucheinträge vom 21. Juli bis 05. August 2023 von Franziska Kocks, Kunstvermittlung in und um den Container der TRANSURBAN Residency in Duisburg auf dem Averdunkplatz.
Vorab: Der folgende Text enthält Auszüge von gesammelten Erinnerungen, Beobachtungen und Notizen von Interaktionen im Infopoint und Container der TRANSURBAN Residency 2023 in Duisburg. Zu den Öffnungszeiten mittwochs bis sonntags von 14-19 Uhr habe ich meine Beobachtungen und Begegnungen auf dem Averdunkplatz dokumentiert. Meine Aufgabe im Container war, es die Kunst und das Programm zu vermitteln, die Passant:innen zu Besucher:innen werden zu lassen und sie auf Averdunk Island willkommen zu heißen. Schnell stellte ich allerdings fest, dass die Personen, die den Weg zum Container finden, oft andere Anliegen und Bedürfnisse hatten. Ich bot eine Plattform für einen Austausch an, eröffnete Gespräche, stellte Fragen, aber vor allem hörte ich zu. Für mich persönlich war es überraschend, wie oft das Thema Einsamkeit in der Stadt angesprochen wurde. Dadurch erhielten das Thema und die Idee einer lebendigen Innenstadt für mich eine neue Konnotation, in der spontane Interaktionen und die Eröffnung von Begegnungsräumen Im Fokus stehen. Das Format ermöglicht einen Einblick in meine persönlichen Eindrücke, bei denen die Interaktionen selbst zum Wahrnehmungsgegenstand wurden. Natürlich kann hier nur ein Bruchteil der Inhalte aus Gesprächen oder meinen Beobachtungen dargestellt werden. In der zweiten Hälfte rückte das Tagebuch weiter in den Hintergrund, da es wichtiger war, auf dem Platz selbst präsent zu sein.
Freitag, 21.07.23
Notiz: Ein Tag vor Eröffnung: Die Vorbereitungen sind im vollen Gange, auf dem Averdunkplatz ist reges Treiben. Der Container steht quer zur Königsstraße, die Beschriftung kündigt das Geschehen an. Ich betrete zum ersten Mal den Container und mache mir ein Bild von der räumlichen Situation, dem Blick von Innen nach Außen und den Möglichkeiten zur Gestaltung der Auslageflächen. Währenddessen werden Rahmen für die Rückseite des Containers gebaut.
Samstag, 22.07.23
Notiz: Der Container bekommt eine neue Rückseite: mit Kleister tapezieren wir die Leinwände mit Fragen an die Passant:innen. Kurz vor der Eröffnung beziehe ich den Container.
„Es geht los!“ – Das Programm startet.
Beobachtung: Der Averdunkplatz ist voll mit Menschen: Es wird gemeinsam gebaut! Einige interessierte Personen bleiben stehen, beobachten und gehen wieder weiter. Manche finden aber auch den Weg in den Container und berichten mir über ihre Wahrnehmung des Platzes.
Beobachtung: Vor dem Container stehen zwei fest installierte Holzbänke. Direkt fällt mir auf, dass die Menschen sich meistens mit dem Rücken zum Container setzen. Die Bänke werden vor allem genutzt, um dort die Pommes vom Pommesladen gegenüber zu essen.
Gedanken zum ersten Tag im Container: Der Container war heute sehr gut besucht. Viele Personen fühlten sich von den Fragen auf der Leinwand angesprochen und betraten ohne Scheu den Container. Das überrascht mich!
Neues Format: Mit einer Schreibmaschine können nun auch Gedichte, Erinnerungen, Zitate oder Notizen von Besucher:innen selbst festgehalten werden.
Notiz: Der Tag endet mit dem ersten Public Dinner. Es wird gemeinsam an einem langen Tisch auf dem Averdunkplatz gegessen. Ich freue mich sehr darüber, dass einige Personen meiner persönlichen Einladung nachgegangen sind und zum Abendprogramm wiedergekommen sind.
Sonntag, 23.07.23
Programm: Wegen des Regens findet der Druckworkshop „Open Print Making Space“ im Container statt. Der Platz ist leer, der Container ist voll: die Auslagefläche wird zur Druckstation, die Teilnehmer:innen arbeiten kreativ und konzentriert an ihren Schablonen. Die Teilnehmer:innen kommen aus Duisburg und verfolgen regelmäßig die Angebote vom Stapeltor, das auch den Druckworkshop organisiert hat. Für mich ist es eine schöne Gelegenheit mehr über die Stadt Duisburg und vor allem über die Innenstadt zu erfahren. Wir sprechen über den hohen Bedarf an Programm für junge Menschen und Familien.
Vernetzen:
Ein Teilnehmer des Druckworkshops ist Mitglied im Verein Maschinenraum Duisburg und stellt uns Konzept und Angebote des Vereins vor (www.maschinenraum-duisburg.de). In der Gruppe wird über die Idee von geteilten Gütern gesprochen und wie man sich in Vereinen organisieren kann. Es entsteht eine konkrete Idee, den Verein auf der nächsten Vollversammlung des Stapeltors vorzustellen und über Möglichkeiten einer gemeinsamen Nutzung von Räumen und Ressourcen zu sprechen.
Mittwoch, 26.07.23
Beobachtung: Während der letzten Tagen sind viele neue Gestaltungselemente hinzugekommen: Zum Beispiel die im Wind flatternden Bänder, die „Spaghettis“. Sie sind von Weitem sichtbar und ziehen Menschen auf den Platz und in den Container. Kinder spielen mit den Bändern.
Interaktionen: Ein neugieriger Besucher betritt den Container: B. ist dreißig, kommt aus Duisburg. Er wohnt nicht weit weg vom Averdunkplatz und kennt ihn sehr gut. Ihn zogen die Fragen auf der Leinwand in den Container und er fordert: „Mehr Grün!“ und generell auch inklusiveres Kulturprogramm. Plötzlich sprechen wir auch über Einsamkeit und Anonymität in der Stadt, vor allem für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Ich lade ihn zum Public Dinner am nächsten Tag ein. Er ist noch unschlüssig und fühlt sich etwas eingeschüchtert von den, von ihm als „studierte Künstler“ bezeichneten Menschen auf dem Platz. Ich erkläre mehr über uns und die Akteure, wer wir sind und was wir machen. Das Stapeltor interessiert ihn sehr, da er darüber auch neue Leute finden könnte, um langfristige Kontakte aufzubauen.
„Wie müssten Orte gestaltet werden, die spontane Begegnungen erlauben – für alle?“
Eine Person bleibt an der Türe des Containers stehen, während ich mit B. rede und wirkt aufgelöst. „Wo soll ich leben?“. Sie steht wenige Tage vor einer Zwangsräumung und findet keine Wohnung. Wir reden kurz über Leerstand und ungenutzte Wohnflächen in der Innenstadt. Ich verweise auf unser Programm, wo wir auch über das Thema Zwangsräumungen sprechen. Die Person geht weiter.
Beobachtung: Ich bin heute positiv überrascht über die vielfältigen und unterschiedlichen Bedürfnisse der Besucher:innen. Obwohl hauptsächlich ältere Menschen, vor allem Männer, kamen heute zwei 16jährige Mädchen und fragten mich, ob sie hier tanzen, zeichnen oder singen könnten. Eine Künstlerin, die im Stapeltor aktiv ist, kam heute schon zum zweiten Mal vorbei und brachte mir Exemplare der Minizines vom Stapeltor für die Auslagefläche. „Es braucht hier im Container noch ortsspezifische Literatur!“
Notiz: Die Aufenthaltsdauer der Besucher:innen beträgt zwischen 30-60 min. Es gibt wenige, die nur kurz vorbeischauen. Sobald sie den Container betreten, bleiben sie auch lange.
Donnerstag, 27.07.23
Notiz: Es regnet.
Portrait: M.T. geborener Krefelder, lebt heute in Augsburg. Er ist Autor und Performer von Kinderbüchern über eine westafrikanische Schnecke.
Kommentar: Der Besucher verbringt über eine Stunde im Container, redet über viele verschiedene Themen. Ich versuche mit verschiedenen Fragen Informationen zu erhalten über seine Wahrnehmung des Averdunkplatzes. Es gelingt nicht wirklich. Ich stelle fest, dass der Besucher sich einfach darüber freut, dass jemand zuhört.
Gedicht: H. und ihre Mutter schauen im Container vorbei. H. schreibt ein Gedicht über den Averdunkplatz – oder auch Aberdunkplatz.
Besucherportrait: B.F. aus Oberhausen und besucht den Container zum zweiten Mal. Gestern verbrachte er schon mehrere Stunden auf dem Averdunkplatz und Container, ist sehr an den Formaten und dem Programm interessiert, äußert aber auch Kritik an den von TRANSURBAN gestalteten Elementen:
„Für mich ist das hier ein Materialchaos. Zu viele harte Kanten. Der Kiosk spricht mich persönlich nicht an.“ Gemeinsam überlegen wir, was es braucht, um den Averdunkplatz einladend für alle zu gestalten. Wir stellen fest, dass die fließenden und weichen Bewegungen der Windspiele gut funktionieren. Sie machen die Bewegungen auf dem Platz sichtbar, stehen aber auch symbolisch für Bewegung und Veränderung. BF lebt und kommuniziert analog. Für ihn war der ausgedruckte Flyer über das Programm deshalb genau richtig.
Fragestellungen: Weitere Themen, die im Laufe des Tages aufgetaucht sind: Wie können wir Vandalismus verhindern? Wie können wir den Platz grüner gestalten? Wie können wir den Platz als Begegnungsort verstehen, an dem spontane Interaktionen stattfinden können?
Freitag, 28.07.23
Notizen: Der Container wird mit den Readern über das Innenstadtkonzept Duisburg und der geschichtlichen Aufarbeitung des Averdunkplatzes bestückt. Pünktlich zur Öffnungszeit des Containers hört der Regen auf. Es sitzen Menschen auf den Bänken vor dem Container und essen Pommes.
Beobachtung: Die vom Kollektiv von Null gestalteten und gebauten Bänke erhalten heute Rollen und werden vor dem Container platziert. Zum ersten Mal entsteht eine visuelle Verbindung vom Container zur Platzgestaltung. Direkt erregen die Bänke Aufmerksamkeit. Menschen laufen daran vorbei, bleiben kurz stehen, setzten sich aber noch nicht.
Besucherportrait: Vor dem Container halten zwei Personen auf ihrem Fahrrad an und lesen den Flyer. Wir kommen ins Gespräch. Das Künstlerduo „resonar lab“, Musiker und Architekten, ist on the road (@resonarlab) von Madrid nach Berlin. Wir stellen fest, dass wir an ähnlichen Fragestellung arbeiten, wenn auch mit unterschiedlichen Methoden. Ich stelle resonar lab dem Team vom Stapeltor vor und schnell wird klar: die Musiker spielen heute Abend auf dem Averdunkplatz.
Programm: Die spontane, musikalische Abendgestaltung von resonar lab zieht die Menschenauf den Averdunkplatz. Der Kiosk ist heute das erste Mal zur Königsstraße ausgerichtet – mit positivem Effekt.
Samstag, 29.07.23
Programm: Es ist CSD: Ein Zug an Menschen zieht am Averdunkplatz vorbei. Man hört Musik im Hintergrund.
Beobachtung: Eine Person sitzt auf der fest installierten Bank vor dem Container. Die im Wind flatternden Bänder der Spaghettis wehen ihr ins Gesicht. Sie steht auf und bindet die Bänder am Pfosten fest.
Feedback: Ein Besucher gibt mir eine Rückmeldung zur Positionierung der Bank. Sie stehe zu nah am Container, weshalb er sich unwohl fühlen würde, darauf zu sitzen. Gemeinsam verschieben wir die Bank.
Erinnerungen: Eine Mitarbeiterin der Stadt kommt undercover, als Anwohnerin, im Container vorbei, um über ihre Erinnerungen und Erfahrungen zum Averdunkplatz sprechen. Sie hat in dem Gymnasium hinter dem Averdunk Centrum Abitur gemacht. Das Einkaufszentrum war für sie lange nur Durchgangsort „Schon damals in den 90er dachte ich mir: Wie kann das denn ein Einkaufszentrum sein, wenn da nichts ist?!“ Der Averdunkplatz ist für sie das „Ende“ der Innenstadt. Wir sprechen über die Innenstadt bei Nacht und wie wir sie wahrnehmen. Sie merkt an, dass der Averdunkplatz sowie der Durchgang des leeren Averdunk Centrums für sie keinen Angstraum darstelle. Aber sie macht sich Sorgen um Vermüllung und Vandalismus? Was passiert hier bei Nacht, wenn der Platz und unsere Objekte unbeobachtet sind?
Begrüßung: Es ist schön zu beobachten, dass einige Anwohner:innen täglich bei mir vorbei schauen, um zu sehen, was es Neues gibt, oder sich kurz auszutauschen. Man kennt sich nun schon beim Namen und grüßt sich.
Kritik: Eine dieser regelmäßigen Besucherinnen äußert Kritik an den Gestaltungselementen auf dem Platz: „Wenn der Raum eh schon gebrochen ist, braucht es einen Gegenpol und nicht noch weiteren Störer“
Test: Wir verschieben die Bänke auf Rollen, sodass sie mit den feststehenden Bänken einen symmetrischen Raum aufspannen. Werden die Bänke jetzt stärker benutzt? Wir warten ab.
Besucher:innenportrait: Matthias Schneider, Mitglied im Rat der Stadt Duisburg (Bündnis 90/Die Grünen) schaut im Containervorbei. Er versteht den Averdunkplatz nicht nur als Teil der Innenstadt, sondern als Teil eines Quartiers. Erbedauert, wie von der Stadt aus der Moment verpasst wurde, bei der Konzeption des Averdunk Centrumsund des Platzes mitzuwirken. Jetzt gibt es leider kein Konzept der Eigentümer:innen.„Und ohne ein übergeordnetes Konzept passiert genau das, was wir hier im Averdunk Centrum beobachten können.“ Er kauft die Dokumentationen der vorherigen TRANSURBAN Residencies und verspricht, die Themen in die Politik zu tragen.
Sonntag, 30.07.23
Beobachtung: Heute ist es windig. Vereinzelt spielen Kinder mit den stark wehenden Spaghettis.
Notiz: Heute ist es ruhig. Wenige Besucher:innen sind anzutreffen.
Programm: Der Innenstadtspaziergang startet am Container.
Beobachtung: Weil heute nicht gebaut wird, können Passant:innen ungestört und unbeobachtet über den Platz schlendern. Sie werden mutiger und berühren das gebaute Mobiliar, testen es und fotografieren es. Die orangefarbenen Kabel der Bänke laden die Leute ein, im Vorbeigehen mit den Fingern darüber zu streichen.
Begegnungen: Ein altes Ehepärchen sitzt mit dem Rücken zu mir auf der Bank und wird immer wieder von den wehenden Bändern der Spaghettis gestört. Sie suchen nach Antworten und finden mich im Container. Wir kommen ins Gespräch und gehen gemeinsam das Programmheft durch.
Mittwoch, 02.08.23
Notiz: Seit dem Wochenende sind auf dem Averdunkplatz weitere Bänke und Tische entstanden, das erste Modul für den Stapelkiosk ist fertig.
Beobachtung: Die Tauben werden gefüttert. Das Ordnungsamt greift ein und untersagt die Fütterung.
Herausforderungen: Ein verwahrloster, ungut riechender Mann betritt den Container. Ich begleite ihn nach draußen und unterhalte mich vor dem Container mit ihm. Leider kommen heute wenig Menschen vorbei, die tatsächlich Interesse zeigen, sondern in dem Format des Containers und mich als Zuhörerin eine Möglichkeit sehen, sich über alles mögliche zu beschweren. Ich bemerke, dass ich mich zunehmend unwohl fühle, da vor allem männlich gelesene Personen den Container betreten und sich in ihm auch räumlich so positionieren, dass ich mich eingeengt fühle. Ich überlege mir eine Exitstrategie, um räumlich ausbrechen zu können, aber auch, um mit Gesprächen besser umgehen zu können, die zum Beispiel rassistische Kommentare enthalten.
Begrüßung: Heute freue ich mich sehr darüber, dass die zwei 16-jährigen Mädchen wieder zu Besuch kommen. Sie freuen sie offensichtlich auch, dass ich da bin, umarmen mich zur Begrüßung. Sie haben einen Freund mitgebracht und erzählen ihm, was hier passiert. Auch wenn ich sie immer wieder ermutige, stelle ich fest, dass sie am Programm auf dem Averdunkplatz nicht teilnehmen. Für sie steht die Interaktion mit mir und das kurze Gespräch im Vordergrund. Dann ziehen sie weiter.
Notiz: Es regnet.
Beobachtung: Kinder hüpfen auf den Bänken herum. Ein Mann fotografiert das Windspiel.
Donnerstag, 03.08.23
Herausforderung: Es ist 14 Uhr. Ich öffne den Container, der von Bussen, LKWs und Marktständen umzingelt ist.Wie kann der Container, aber auch das Programm auf dem Platz trotz parallelem Programm(Weinfest und Markt) Sichtbarkeit erreichen?
Beobachtung: Es windet wieder sehr, was dazu führt, dass die eine feststehende Bank seltener benutzt wird, da die Bänder in die Gesichter der sitzenden Personen wehen. Ich verschiebe die mobilen Bänke und teste neue Positionen. Die Bänke sind nass.
Beobachtung: Die räumliche Situation mit den Marktständen und Autos hat dazu geführt, dass die Passant:innen näher am Container vorbei laufen. Zuerst dachte ich, dass es dadurch einfacher wird, in Kontakt mit den Menschen zu treten. Dies war nicht der Fall. Als die Marktstände wieder abgebaut werden, nehmen die Menschen den Container und die Schriftzüge darauf schon von der Königsstraße aus wahr und können den Text mit einem gewissen Sicherheitsabstand in Ruhe lesen und danach entscheiden, ob sie mehr Informationen haben möchten. In den meisten Fällen ist dies der Fall und Programmhefte werden mitgenommen.
Freitag, 04.08.23
Notiz: Sonne! Auf dem Averdunkplatz ist viel los. Vorbereitungen laufen für die Midissage.
Programm: Das Bodengemälde wird erneuert. Der Prozess zieht sehr viel Aufmerksamkeit auf sich und viele Passant:innen bleiben stehen oder fragen direkt bei den Künstler:innen nach, was hier passiert.
Beobachtung: Heute wird das gebaute Stadtmobiliar rege genutzt. Alle Materialien sind von der Sonne getrocknet, die Bänke sind besetzt. Das Bodengemälde erzeugt neue Laufrichtungen. Ich beobachte, wie Kinder, Fahrradfahrende oder auch vorbei schlendernde Menschen die weißen Linien als Wegweiser nutzen. Richtungen werden geändert, der Gang verlangsamt sich. Es ist zu spüren, dass der Averdunkplatz anders wahrgenommen wird.
Erkenntnis: Auf dem Platz sind viele neue Gestaltungselemente hinzugekommen, die die Aufmerksamkeit der Passant:innen auf sich ziehen. Die weißen Linien, die Spaghettis sowie die orangefarbenen Akzente der Bänke und Spanngurte am Kiosk rahmen den Platz visuell. Das führt auch dazu, dass Personen, die sich über die Residency informieren möchten, nun nicht mehr den Container ansteuern, sondern direkt zu den Elementen laufen oder in Richtung Prozessraum gehen.
Beobachtung: Kinder spielen auf den weißen Linien Fußball.
Samstag, 05.08.23
Notiz: Die letzten Vorbereitungen für die Midissage laufen. Die Rückseite des Containers wird neu tapeziert.
Programm: 14 Uhr Start der Midissage, Begrüßung, Sonnenschein! Es versammeln sich einige Menschen vor dem Kiosk. Ich leite Menschen auf den Platz, die nicht genau wissen, ob es eine öffentliche Veranstaltung ist. 15 Uhr Regen. Der Innenstadtspaziergang führt entlang von Überdachungen und durch das Averdunk Centrum.
Begegnungen: Der Container wird zum Schutz vor Regen und zur Unterhaltung gerne benutzt. Einige Personen stöbern in den Büchern.
Kritik: Eine Anwohnerin beschwert sich über die laute Musik. Sie wirkt kompromisslos, möchte gar nicht zuhören und wird laut mit ihrer Stimme. „Früher war es hier noch leise in der Innenstadt. Heute kann ich nicht mal mehr in Ruhe einen Mittagsschlaf machen.“
Zusammenfassung 09.08. – 19.08.23
Programm: Die Bauphase auf dem Averdunkplatz ist beendet. Auf dem Platz findet aber weiterhin Programm statt und das Stapeltor bereitet den Kiosk für den Tanz-Umzug auf das Fest der Vielen vor. Während der zweiten Hälfte der Residency ist das Wetter um einiges besser, was auch dazu führt das deutlich mehr Besucher:innen für die Abendveranstaltungen kommen. Das Highlight ist der Abend mit syrischer Tanzmusik. Der Platz ist voll, es wird getanzt, gesungen, gegessen und noch lange beisammen gesessen.
Beobachtung: Jetzt wird es noch deutlicher: Die Bespielung des Platzes, die künstlerischen Interventionen und dasProgramm ziehen die volle Aufmerksamkeit auf sich. Die Gespräche im Container oder auf dem Platz drehen sich viel häufiger um das Hier und Jetzt und um die Zukunft. Es werden weniger Geschichten von damals erzählt und weniger der negativen Erinnerungen geteilt. Die Verschiebung der Themen und die Stimmung der Besucher:innen nehme ich als positiv wahr. Es ist weniger Frustration zu spüren, dafür mehr Freude über das Programm.