Wegführung und urbanes Mobiliar: Ein Projekt von Studierenden im Master Architektur der TH Köln im Rahmen der TRANSURBAN Residency in Gelsenkirchen Schalke, betreut von Prof. Yasemin Utku.
Der Schalker Markt – untrennbar verbunden mit der Geschichte des Fußballvereins Schalke 04. Wo früher Vereinsfeiern stattfanden, Kumpel ihre Freizeit verbrachten und das Herz des Stadtteils lag, ist heute nur noch ein großer Parkplatz. Von dem ehemals zentralen Stadtplatz ist nichts mehr zu spüren und heute liegt der Schalker Markt, zum Teil überdeckt von der mehrspurigen Kurt-Schumacher-Straße, nicht nur gefühlt am Rande des Stadtteils. Auffallend ist die Verkehrsdichte an diesem Ort, auf und unter der Kurt-Schumacher-Straße, entlang der Gewerken- / Magdeburger Straße. Und auch die Lieferverkehre der Industrie prägen den Stadtraum rund um den Schalker Markt und machen ihn zu einer Art Insel ohne Einbindung in den Stadtteil. Der strukturelle Wandel nach dem Schließen der Zechen, aber auch der stadträumliche Umbau des Stadtteils in der Nachkriegszeit im Sinne einer „verkehrsgerechten Stadt“ hinterließ nicht nur eine Brache im Stadtraum, sondern auch im sozialen Gefüge des Stadtteils. Die Geschichtsträchtigkeit ist heute das Einzige, was den Schalker Markt im Diskurs der Gesellschaft hält.
Durch mehrere Besuche vor Ort sowie zahlreiche Gespräche mit der Stiftung Schalker Markt, den Insane Urban Cowboys und -girls sowie Passant:innen vor Ort konnten wir uns einen Eindruck von der Situation in Schalke verschaffen. Dies bestätigte unsere Analyseergebnisse, der Schalker Markt spielt aktuell keine aktive Rolle mehr im Stadtteil. Und wir stellten Fragen: Wie konnte es so weit kommen? Was sind die Gründe dafür? Liegt es an der städtebaulichen Situation? Welche Ideen und Ansätze gibt es für eine Reaktivierung?
Für uns ist klar, dass das Einschätzen, Bewerten oder „Verbessern“ solcher stadträumlichen und gesellschaftlichen Umstände von Außenstehenden immer eine Gefahr für eine Missinterpretation der tatsächlichen Lage vor Ort birgt und ein tragfähiger Veränderungsprozess nur mit und durch die Stadtgesellschaft erfolgen kann. Unser Ansatz ist daher, dem Ort eine neue Rolle im Stadtgefüge zu ermöglichen – die anknüpft an seine frühere Bedeutung, sodass die Bewohner:innen die Geschichte ihres Stadtteils selbst weiterschreiben können. Die TRANSURBAN Residency auf dem Schalker Markt bietet aus unserer Sicht dafür ideale Voraussetzungen: Durch prägnante Installationen unterschiedlicher Künstler:innen werden Möglichkeiten generiert, den Schalker Markt und den umgebenden Stadtraum neu zu deuten und neu zu belegen. Diese Interventionen können einen neuen Blick auf den Ort und seine Potenziale für die Stadtgesellschaft eröffnen – der Parkplatz in seiner aktuellen Erscheinung ist dazu nicht in der Lage.
Unser Konzept SCHALKE MARKIERT möchte den Schalker Markt wieder im stadträumlichen Gefüge verankern und mithilfe plakativer Bodenmarkierungen Bezüge im Stadtteil aufzeigen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist eine Verknüpfung von Schalke und Schalke-Nord. Daher haben wir Wegeverbindungen vom Grilloplatz über den Schalker Markt bis nach Schalke Nord markiert – auf der Brücke und darunter, in Verbindung mit der zu öffnenden Unterführung. Daran wird ablesbar, dass der Schalker Markt ein Knotenpunkt in Schalke ist, auch und gerade für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Mit der angedachten langfristigen Öffnung der Unterführung und einer Verkehrsberuhigung der Kurt-Schumacher-Straße können alte Wegebeziehungen reaktiviert und gestärkt – und damit auch der Schalker Markt – wieder frequentiert werden. Ergänzt wird das Konzept SCHALKE MARKIERT durch Bänke an Schlüsselpunkten in Schalke: In Schalke-Nord wird am Brückenanfang eine Bank als Wegweiser platziert, auf der Brücke (in Verlängerung der Rampe zum Schalker Markt) wird mit einer Bank eine Art Aussichtspunkt in beide Stadtbereiche und über die Industrieareale zum Schalker Markt geschaffen und unter der Brücke wird mit der Bank auf wettergeschützte Nutzungsmöglichkeiten dieses Ortes und den Zugang zur Unterführung hingewiesen. Insgesamt beziehen sich die Markierungen auf die mögliche und perspektivische Zentralität des Schalker Marktes als Begegnungsort und Treffpunkt im Stadtteil. Um dies zu unterstreichen, mündet unsere Markierung auf dem Schalker Markt in einem langen Tisch, in eine große Tafel, an der viele Menschen Platz finden können. Unser Wunsch ist, dass hier ein Ort des ungezwungenen Zusammenkommens, des Austausches und der Möglichkeiten entsteht – und dass damit dem Schalker Markt die derzeitige eindimensionale Nutzung entzogen wird. Es soll ein offener Ort werden, an dem man gemeinsam Zukünfte für Schalke entwickeln kann. Dafür haben wir Anfang Juli 2021 in einem dreitägigen Workshop vor Ort Möbel gebaut und SCHALKE MARKIERT.
Wir danken allen Unterstützer:innen des Projektes!
Anncatrin Arbeiter, Ammar Hesam-Zadeh, Julia Kratz, Theresa Lefken, Lukas Würtenberger (unterstützt von Tobias Frintz und Philipp Skoda, betreut von Prof. Yasemin Utku)