Under the bridge: Ort oder Nicht-Ort

Eine Ortserkundung als Kartographie:

die Unterführung an der K16 ist ein vielseitig genutzter Platz und einer, den es sich anzuschauen lohnt. Gigantische Graffitis, ver- wunschen anmutende Wege, geheime Nachrichten und versteck- te Bilderwelten. Wir möchten Sie dazu einladen, sich ein eigenes Bild davon zu machen. Und für sich selbst zu klären…ist diese Brücke ein Ort oder ein Nicht-Ort?

Aber was genau sind Orte und Nicht-Orte?

Nach dem Anthropologen und Ethnologen Marc Augé hat ein Ort eine Identität, ist historisch und relational. Nicht-Orte dagegen sind zweckgebundene Räume, die sich durch ihren Tran- sit-Charakter abgrenzen. Hier ist keine Interaktion mit anderen Menschen notwendig, da Symbole, Befehle, Anweisungen und Verbote ganz plakativ mit Schildern und Aushängen kommu- niziert werden. Zudem ist Ihnen bestimmt aufgefallen, dass es (auch ungeschriebene) Verhaltensregeln für bestimmte Räume gibt – Augé nennt dies „solitäre Vertraglicheit“. Der Mensch ist

an diesen Nicht-Orten kein Individuum, sondern Konsument, Klient o.ä. Er wird nach diesen vorgegebenen Regeln abgefertigt. Für den Philosophen Michel Foucault sind es Orte, an denen Menschen sich aufhalten „müssen“, um Dinge zu erledigen oder durch sie etwas zu erreichen. Er erweitert seine Definition zudem durch die Dimension Zeit. Menschen nutzen diese Nicht-Orte temporär und sind an Öffnungszeiten gebunden. Foucault hebt hervor, dass Nicht-Orte die Eigenschaft haben, mehrere Räume zusammenzulegen, die an sich unvereinbar scheinen.

Doch Nicht-Orte können vom Individuum als auch von Gruppen zu Orten gemacht werden. Sie eignen sich den Raum an und transformieren ihn. Es wird ihm eine Bedeutung gegeben, erhält eine Identität, wird ein Raum durch das Anbringen ganz eigener Symbole.

Kunst als auch Künstler haben die Macht, Orte zu transformie- ren. Sie füllen sie und laden ein, zu verweilen. Kunst kann mit allen Sinnen erlebt werden. Street Art in einer Größenordnung wie an der Brücke verkörpert ebendies. Es bringt Menschen zusammen, macht Orte persönlich. Kunst wertet nicht immer auf aber sie wirkt.

Der Wanderweg an der Emscher ist ein Ort der Erholung und der Begegnung. Er wird von allen möglichen Menschen genutzt, die Radfahren oder spazieren, alleine oder in einem Verbund. Der Verhaltenskodex ist jedem geläufig, dagegen zu verstoßen wird formell als auch informell sanktioniert. Der Emscher Wanderwerg Abschnitt unter und an der K16 als Ort des Wohlgefühls, ein An- gehen gegen die Einsamkeit und „Ähnlichkeit“. Der Mensch ist in Bewegung und dennoch im Transit.

Diese Brücke ist ein Mikrokosmos. Es sind fließende Übergän- ge von Ort zu Nicht-Ort. „Mit Orten, sagt Augé ̧ verbindet der Mensch eine Geschichte und verknüpft mit ihnen eine Bezie- hung“. So ist es Ihnen – dem Individuum selbst überlassen, ob Sie nun mit dieser Brücke etwas verbindet oder Sie nur schnell auf der Durchreise sind.

Ein Projekt von: Elyssa Kartharina David, Johanna Hölzemann, Jennifer Mamo, Kim Monique Stryjakowski, Kira Vandela Troppenz | FH Dortmund, ARDEAS